Solawi

Wasseranschluss ja oder nein?

Heute, am 26. Juni 2023, steht die Entscheidung über die Wasserleitung der Solawi an - um was es dabei in unseren Augen geht: Ob wir einem Betrieb sprichwörtlich das Wasser abdrehen. Denn auf lange Sicht halten wir die Solawi ohne Wasseranschluss für nicht überlebensfähig. Die Frage lautet also: Wollen wir eine aufstrebende ökologische Landwirtschaft unterstützen oder nicht?

Eins vorab: Mit dem Vorgehen sind wir insgesamt nicht glücklich. Solawi war ja bei der letzten Bürgerfragestunde bereits Thema, und der Verlauf dieser Bürgerfragestunde hat uns nicht zufriedengestellt. Uns liegt nun eine Einladung zu einem Infoabend vor Ort in Perouse am Montag in einer Woche vor. Dieses Angebot hätten wir annehmen sollen. Stattdessen wird nun – eine Woche vorher – die Entscheidung nach einjähriger Debatte auf die Tagesordnung einer Sondersitzung gesetzt. Zu allem Überfluss haben wir die Unterlagen dazu auch erst am vergangenen Dienstag erhalten. Am Dienstagnachmittag war die Felderrundfahrt mit dem Gemeinderat, am Freitag Empfang unserer Freunde aus Scheibbs und am Wochenende Fleckenfest, wo auch viele von uns Gemeinderäten eingespannt waren. Es war sehr schwierig, sich unter diesen Umständen auf eine Sondersitzung ausführlich vorzubereiten, zumal wir in der SPD beide Arbeitnehmer sind.

Sachgründe mag es für beide Seiten geben. Wir meinen aber, wenn man diese Gründe abwägt, spricht viel mehr für den Wasseranschluss und damit gegen den Antrag der Stadtverwaltung.

Zu den Gründen, die für den Antrag der Stadtverwaltung sprechen:

- Das Argument Wasserknappheit: Wir alle wissen, dass Wasser knapp wird. Wir sollten aber aufhören, den Bedarf der Solawi gegen den Bedarf der Bevölkerung auszuspielen. So riesig sind die Mengen nicht, die der Ökoanbau erfordert, gerade wenn man sich an den vorliegenden Zahlen orientiert und die Vorteile ökologischer Landwirtschaft sieht.

- Zum Antrag der Perouser Landwirte: Uns geht es nicht darum, die Interessen der Solawi gegen die der konventionellen Perouser Landwirte auszuspielen. Wir wollen solche Anträge im Einzelfall betrachten und wünschen uns zukünftig wieder mehr „Miteinander“ und weniger „Gegeneinander“ – das darf nicht der Rutesheimer Stil werden. Da bereits einige Landwirte an die bestehende Wasserleitung zum „Förstle“ angeschlossen sind, und der Leitungsbesitzer zugestimmt hat, wollen wir das der Solawi nicht verwehren.

- Auch die Argumente der Techniker überzeugen uns nicht. Hier wird mit einem erhöhten Potenzial an Wasserrohrbrüchen und der enormen Trockenheit gedroht. Dass eine Tröpfchenbewässerung Druckschläge im Netzsystem auslöst, halten wir für ausgeschlossen. Genauso halten wir es für unwahrscheinlich, dass die Ortung von Rohrbrüchen dadurch schwieriger wird –  die Wasserverbräuche der Solawi  sind dem Wassermeister ja bekannt. Klar ist: Wasser für regionale Lebensmittelproduktion muss immer Vorrang vor Bewässerung privater Gärten und anderer Grünflächen haben. Deshalb sollten wir Sparpotenziale an anderer Stelle suchen, nicht aber beim ökologischen Landbau.

Wir sehen in der Summe viel mehr positive Argumente, die für einen Wasseranschluss sprechen.

-  Viele Landwirte - auch in Perouse - haben ein Nachfolgeproblem. Hier haben wir eine junge, dynamische Truppe, die Landwirtschaft anders denkt, in ihrer Freizeit auf die Felder rennt und einfach mal „macht“. Das ist absolut begrüßenswert.

- Das Wasserkonzept der Solawi ist ausdrücklich auf das Wassersparen ausgerichtet. Nur so ist es kompatibel mit der Grundidee der Genossenschaft.

- Die Solawi legt nicht nur Wert auf ökologische Erzeugung von landwirtschaftlichen Produkten, sondern auch auf die Versorgung vor Ort. Dass das bereits angenommen wird, zeigen die Mitgliederzahlen der Genossenschaft, die sich längst im dreistelligen Bereich bewegen. Wollen wir das wirklich „abknicken”?

- Wenn wir jetzt sagen, das Wasser reicht in Rutesheim nicht mehr für die Solawi, dann müssten wir sofort unseren Flächennutzungsplan (FNP) überarbeiten. Die Frage ist doch: Gibt der Bedarf der Solawi unserer Wasserversorgung wirklich den Rest? Steht es so kritisch? Das halten wir nicht für realistisch. Denn was nicht geht: Auf der einen Seite einem Betrieb das Wasser verwehren, auf der anderen Seite ein Wohngebiet nach dem anderen realisieren. Dann müssten wir große Flächen aus dem FNP streichen.

- Das Argument der Stadt, eine Mengenbegrenzung sei nicht überwachbar, verstehen wir nicht. Genau solche Konzepte sind gerade in der politischen Diskussion. Darüber hinaus schreibt ja die Stadt die Abwasserrechnungen und weiß besser als jeder andere über die verbrauchte Menge Bescheid. Dieses Problem halten wir für lösbar. In diesem Sinne begrüßen wir es, dass sich die Stadtverwaltung in der Zwischenzeit auf politischer Ebene um verbrauchsabhängige Wasserpreise bemüht.

- Im Übrigen schaffen wir mit der Solawi keinen Präzedenzfall. Es gibt bereits einen Landwirt, der über die betroffene Leitung seine Felder bewässert.

- Was uns am allermeisten wundert: Beim Wasser geht es am Ende um einen konkreten Verbrauch, also nackte Zahlen. Warum wird hier an keiner Stelle damit argumentiert? Wir vermissen eine solche Gegenüberstellung in den Unterlagen, obwohl die Grundlagen durch das Strukturgutachten und die Aussagen der Solawi mit Sicherheit gegeben wären.

- Last not least: unser Slogan „aktiv, innovativ, lebenswert“. Hier haben wir einen Haufen junger Leute aus unserer Kommune, die genau das verwirklichen und vorleben. Ist es unsere Aufgabe als Stadt, diesem Engagement Steine in den Weg zu legen? Gerade am Wochenende beim Fleckenfest haben uns zwei Mitglieder angesprochen, beides Ingenieure und beide davon mit genug Einkommen, um sich Obst und Gemüse aus aller Welt zu kaufen. Tun sie aber nicht, sondern sie unterstützen dieses Projekt vor Ort, weil sie davon überzeugt sind. Genau solche Leute brauchen wir für unsere Stadt!

In der Abwägung halten wir Sozialdemokraten die Argumente, die für den Wasseranschluss sprechen, für stärker. Unsere Position ist Folgende: Wir müssen beginnen Wasser zu sparen, und zwar jetzt! Aber lassen Sie uns nicht am falschen Ende sparen: Nämlich einem ökologischen Vorzeigeprojekt. Deshalb plädieren wir, Frau Weiß und ich, klar dafür, der Solawi einen Anschluss an das Leitungsnetz unter Auflagen wie z. B. Kontingentierung und Zisterneneinbau auf eigene Kosten zu gewähren – die Details sind zu klären.

 

SPD Deutschland